Warum hängen wir die Schinken auf?

Eine Frage, die uns immer wieder gestellt wird, wenn wir eine Tapas-Tour machen, ist: „warum hängt man in Spanien Schinken an die Decke?“. Darauf gibt es zwei Antworten.

 

Einer der Gründe ist rein praktischer Natur: damit die Schinken komplett trocknen und in perfektem Reifegrad auf den Teller kommen, hängt man sie an die Decke der Bars, damit bei der Lagerung die einzelnen Schinken immer genügend Luft umgibt, um so zu verhindern, dass sich Feuchtigkeit bildet. Neben dem Trocknen verlieren die Schinken auch ihr überschüssiges Fett. Daher seht ihr, dass am unteren Ende jedes Schinken ein Plastikwännchen in Form eines umgedrehten Regenschirms hängt, um das heruntertropfende Fett aufzufangen. Diese Plastikwännchen nennt man daher auch „chorrea“, abgeleitet vom Verb „chorrear“, was soviel heiβt wie ‚triefen-tropfen‘.
Der zweite Grund ist geschichtlich begründet. In Spanien lebten über Jahrhunderte hinweg neben Christen auch Muslime und Juden. Die letzten beiden Religionen verbieten das Essen von Schweinefleisch, weil es sich um ein ‚gottloses‘ Tier handelt. Die Christen, stolz auf ihre Religion, hängten ihre Schweineschinken nun deutlich sichtbar in ihre Bars und Restaurants, um allen Besuchern zu zeigen, dass hier Christen lebten und Schinken gegessen wurde. Diese Tradition scheint in den christlichen Vierteln von Sevilla im 10. Jahrhundert entstanden zu sein und ist seiher in ganz Spanien gebräuchlich.
Es gibt allerdings auch noch eine andere Erklärung historischen Hintergrunds. Als die Iberische Halbinsel unter den Katholischen Königen wieder vereint wurde, verboten diese jede andere Religion, welche nicht katholisch war. Viele Juden, die ihre Familien und Geschäfte in Spanien hatten, konvertierten ehrlich zum Christentum, viele andere bekannten sich zum Katholizismus einzig und allein, um der Vertreibung zu entgehen während sie weiterhin ihre jüdische Religion im verborgenen lebten. Die Heilige Inquisition – religiöse Gerichtsbarkeit, die sich in Spanien gegründet hatte, um die korrekte Ausübung der katholischen Religion zu sichern – begann schließlich an vielen dieser „falschen“ Christen zu zweifeln und traf eine praktische Entscheidung. Sie hängten in die Hauseingänge der Verdächtigen einen Schinken und die Bewohner mussten ab und an von ihm essen, um vor aller Augen zu beweisen, dass hier nicht die jüdischen Bräuchen befolgt wurde, indem der Schinken langsam aber stetig abnahm.
Die erste praktischere Erklärung ist heute wohl der wahre Grund dafür, dass man Schinken an die Decke hängt. Es ist weniger Exhibitionismus oder Dekoration, als vielmehr die korrekte Lagerung – obwohl man zugeben muss, dass es beim Tapas-Essen kaum etwas schöneres anzuschauen gibt, als ein paar saftige Iberische Schinken, die von der Decke baumeln. 🙂